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Wirtschaft - Villach
Sylvia Gstättner, WKK-Vizepräsidentin und FiW-Landesvorsitzende, fordert eine Flexibilisierung der Arbeitszeit.
Sylvia Gstättner, WKK-Vizepräsidentin und FiW-Landesvorsitzende, fordert eine Flexibilisierung der Arbeitszeit. © Gernot Gleiss

Warum „Frau in der Wirtschaft“ flexiblere Arbeitszeiten fordert

Mehr Chancen, mehr Sicherheit, mehr Familienzeit

Villach/Klagenfurt – Gefordert wird unter anderem eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes, wonach die Durchrechnung auch mittels Einzelvereinbarung festgelegt werden könnte. Damit wäre es für ArbeitnehmerInnen möglich, zwischen unterschiedlichen Wochenarbeitszeiten zu wechseln.

 9 Minuten Lesezeit (1174 Wörter)

Vorgaben an moderne Anforderungen anpassen

Die Flexibilisierung der Arbeitszeit ist ein Thema, das für „Frau in der Wirtschaft Kärnten“ auf der Agenda ganz oben steht. „Es ist höchste Zeit, die gesetzlichen Vorgaben an die modernen Anforderungen der Arbeitswelt anzupassen“, fordert Sylvia Gstättner, Landesvorsitzende und WKK-Vizepräsidentin. Ihrer Meinung nach wurde das Thema in der Vergangenheit leider häufig falsch diskutiert. „Es geht überhaupt nicht darum, den ArbeitnehmerInnen ständig ein Mehr an Arbeitszeit zuzumuten. Doch gerade dort, wo die Wirtschaft klein strukturiert ist, ist mehr Flexibilität gefordert“, so Gstättner. Viele Unternehmen in Kärnten müssen diese in der Auftragsannahme und ‑abwicklung längst umsetzen. Beim Personal auf solche Spitzen flexibel zu reagieren, sei jedoch schwierig. Denn für ArbeitgeberInnen seien Regelungen kompliziert und ein Unternehmen gerate schnell in die Illegalität, wenn beispielsweise kurzfristig die Höchstarbeitszeit von 10 Stunden pro Tag überschritten werde. Obwohl viele ArbeitnehmerInnen gerne bereit wären, solche Spitzen abzudecken und die angesparten Stunden später zu konsumieren.

Durchrechnung der Arbeitszeit

„Frau in der Wirtschaft“ plädiert daher unter anderem für ein Mehr an Eigenverantwortung, das der Gesetzgeber zulassen müsste. Gefordert wird unter anderem eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes, wonach die Durchrechnung auch mittels Einzelvereinbarung festgelegt werden könnte. Damit wäre es für ArbeitnehmerInnen möglich, zwischen unterschiedlichen Wochenarbeitszeiten zu wechseln. „Viele andere Länder in Europa sind uns in dieser Beziehung um einiges voraus. Ich war zuletzt in Dänemark, wo es viel weniger starre Gesetze die Arbeitszeit betreffend gibt. Hier stehen individuelle Vereinbarungen zwischen ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen an der Tagesordnung. Ich glaube, bei uns wären viele überrascht, wie gut das funktioniert. Doch leider geht bei uns der Gesetzgeber immer noch davon aus, dass die Unternehmen versuchen würden, ihre MitarbeiterInnen auszubeuten“, so Gstättner. In Wahrheit jedoch decken sich in den meisten Fälle die Anforderungen der ArbeitgeberInnen längst mit den Wünschen der ArbeitnehmerInnen – lediglich die starre und komplizierte Gesetzgebung lasse es nicht zu, dass sie eine Regelung finden, die beide zufriedenstelle.

Flexibel und familienfreundlich

Denn wer sich die heutigen Rahmenbedingungen ansieht, erkennt schnell, dass flexiblere Arbeitszeiten gerade auch von den ArbeitnehmerInnen selbst gewünscht werden. „Flexiblere Arbeitszeitregelungen würden mehr Flexibilität in den Familien ermöglichen. Das ist gerade dort ein Thema, wo es an adäquaten Ganztagsbetreuungsmöglichkeiten für Kinder mangelt. Denn wenn sich beide Elternteile die Arbeit flexibler einteilen können, sind sie weniger auf öffentliche Betreuungsmöglichkeiten angewiesen“, sagt Gstättner überzeugt. Sie fordert daher weiters mehr Flexibilität bei der Höchstarbeitszeit, die derzeit 10 Stunden pro Tag beträgt. „Es gibt viele für Frauen attraktive Branchen wie beispielsweise die Floristik, wo saisonal bedingt extrem arbeitsintensive Spitzenzeiten bewältigt werden müssen. Viele Mitarbeiterinnen wären gerne bereit, in diesen Zeiten mehr zu arbeiten und die angesparten Stunden im Sommer, wenn die Kinder frei haben, zu konsumieren“, so Gstättner.

Ähnliches trifft auf die derzeit geltenden Homeoffice Bestimmungen, die unter anderem ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot an Samstagen (ab 13:00 Uhr) und an Sonntagen (00:00 – 24:00 Uhr) vorsehen. Dieses schränkt die flexible Zeiteinteilung bei Teleworking und damit die Gestaltungsfreiheit für viele ArbeitnehmerInnen stark ein. Zahlreiche Kollektivverträge sehen außerdem ab einer gewissen Uhrzeit, meist ab 20:00 Uhr, Nacht- oder erhöhte Überstundenzuschläge vor. „Frau in der Wirtschaft“ fordert daher eine Änderung der Ruhezeitbestimmungen für Teleworking. „Angestellte können dann ihre Arbeitszeit zu Hause flexibel gestalten und besser an die Gegebenheiten und an die Bedürfnisse der Kinder anpassen, wodurch das Modell für die Wirtschaft leistbar bleibt“, sagt Gstättner überzeugt.

Für „Frau in der Wirtschaft“ geht es bei der Forderung nach mehr Flexibilität also nicht um vereinzelte Maßnahmen, sondern ein ganzes Paket an Änderungen. „Die Summe macht es aus. Nur so können wir dem Rechnung tragen, dass die Bedürfnisse der Frauen, die in ganz unterschiedlichen Projekten und Branchen tätig sind, sehr verschieden sind“, betont Gstättner.

Die Forderungen von „Frau in der Wirtschaft“ im Detail:

Durchrechnung der Arbeitszeit

Derzeit kann eine Durchrechnung der Arbeitszeit, z.B. lange/kurze Wochen, nur auf der Grundlage eines Kollektivvertrags-Modells durchgeführt werden. Der gesetzliche Spielraum wird in den Kollektivverträgen jedoch nicht oder nur teilweise genutzt. Hier wäre eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes wünschenswert, wonach die Durchrechnung auch mittels Einzelvereinbarung festgelegt werden könnte. Damit könnte die Arbeitnehmerin einfach zwischen unterschiedlichen Wochenarbeitszeiten wechseln.

Änderung der Zuschlagspflichten bei 10-Stunden-Tagen

Derzeit sind bei einem 10-Stunden-Tag die neunte und zehnte Stunde als zuschlagspflichtige Überstunden abzurechnen (Ausnahmen gelten u.a. bei Gleitzeit und 4-Tage-Woche). Obwohl per Gesetz möglich, sind auf Kollektivvertragsebene kaum Fortschritte möglich. Um die Flexibilität zu erhöhen, soll die tägliche Normalarbeitszeitgrenze auf 10 Stunden – unter grundsätzlicher Beibehaltung der wöchentlichen Normalarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche – angehoben werden. Somit wären die neunte und zehnte Stunde keine Überstunden und damit zuschlagsfrei.

Mehr Flexibilität bei Höchstarbeitszeit

Die tägliche Höchstarbeitszeit beträgt derzeit 10 Stunden. Nur unter sehr restriktiven Bedingungen darf länger gearbeitet werden. Eine langjährige Forderung von Frau in der Wirtschaft konnte nun umgesetzt werden: Im Falle aktiver Reisezeiten ist eine tägliche Arbeitszeit von bis zu 12 Stunden möglich, wenn ArbeitnehmerInnen während einer Dienstreise das Fahrzeug auf Anordnung selbst lenkt (dies gilt nicht, wenn die Haupttätigkeit das Fahren ist (Bsp.: Berufskraftfahrer). Aber auch für bestimmte weitere Fälle und Arbeitsplätze mit geringer Belastung sind die Spielräume, mehr als 10 Stunden zu arbeiten, zu erweitern. Zu denken ist etwa an Gleitzeit oder kurzfristig abzuschließende Projekte. Das ist zumutbar, wenn man bedenkt, dass in Gesundheitsberufen seit jeher generell täglich bis zu 13 Stunden gearbeitet werden darf. Die Zuschläge für die 11. und 12. Stunde sowie die Gesamtarbeitszeit bleiben bestehen.

Homeoffice – Bestimmungen zu Ruhezeiten anpassen

Derzeit gilt ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot an Samstagen (ab 13:00 Uhr) und an Sonntagen (0 – 24 Uhr), wobei eine durchgehende Ruhezeit von 36 Stunden eingehalten werden muss. Unter der Woche gilt eine Ruhezeit von 11 Stunden (in Kollektivverträgen auf 8 Stunden reduzierbar). Das geltende Recht schränkt die flexible Zeiteinteilung bei Teleworking stark ein. Um die Gestaltungsfreiheit für die ArbeitnehmerInnen zu erhöhen, sollen die gesetzlichen Ruhezeiten bei Teleworking verringert werden. Dies sollte auch ohne kollektivvertragliche Regelung mit Einzel- bzw. Betriebsvereinbarung möglich sein. Die Gesamtarbeitszeit bleibt davon unberührt.

Homeoffice – Ausnahme von Überstundenzuschlägen am Abend

Zahlreiche Kollektivverträge sehen ab einer gewissen Uhrzeit, meist ab 20 Uhr, Nacht- oder erhöhte Überstundenzuschläge vor. Bei Teleworking kann die Arbeitszeit flexibel eingeteilt werden, d.h. die ArbeitnehmerIn beginnt beispielsweise erst am Abend zu arbeiten. Hier soll es Ausnahmen für Telearbeit geben.

Frau in der Wirtschaft ist eine Serviceplattform und Interessenvertretung der Wirtschaftskammer Kärnten für Unternehmerinnen, Mitunternehmerinnen, Geschäftsführerinnen und am Netzwerken interessierte Frauen aller Branchen. Der Fokus liegt auf Businesswissen in Form von Weiterbildungsseminaren, Netzwerken und Serviceleistungen. Frau in der Wirtschaft setzt sich auch aktiv für die Rahmenbedingungen von über 16.000 Kärntner Unternehmerinnen und Mitunternehmerinnen ein.

Informationen unter: www.frauinderwirtschaft-kaernten.at