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Veröffentlicht am 27.01.2022, 11:17

Ein bekannter Produzent ist nicht mehr

Karl Spiehs im Alter von 90 verstorben: Aber wer war er?

Velden - Einer der bekanntesten und rührigsten Filmproduzenten des deutschsprachigen Raums, Karl Spiehs, ist am Donnerstag im Alter von 90 Jahren gestorben.
von Wiedergut10 Minuten Lesezeit (1220 Wörter)

Der 1931 in Niederösterreich geborene Karl Spiehs hat mit seiner in München ansässigen Lisa Film Millionen von Kino- und Fernsehzuschauern schöne Stunden beschert. Fünf Jahrzehnte produzierte er Unterhaltung mit einem Mix aus Leidenschaft, Charme, Herz und Humor. In der Branche wurde Karl Spiehs der Spitzname „Supernase“ verliehen, lange, bevor es auf der Leinwand „Die Supernasen“ gab. Und das aus gutem Grund: Er hatte meist den richtigen Riecher und setzte oft auf spätere Stars, als sie noch Nobodys waren.

Damals noch nicht “Peter der Große”

Er engagierte Peter Alexander, als dieser noch nicht „Peter der Große“ war, ließ den unbekannten Udo Jür­gens Anfang der 1960er-Jahre in seiner ersten Filmpro­duktion „Und du mein Schatz bleibst hier“ den Hit „Jenny“ und wenig später Hildegard Knef in „Das große Lie­besspiel“ das Lied „Eins und Eins, das macht Zwei“ singen. Für beide war dies der Durchbruch zu Weltkarrieren. Karl Spiehs machte aus Uschi Glas das deutsche Teenie-Idol der 1960er-Jahre und danach aus ihr und Roy Black das Traumpaar des deutschsprachigen Filmes. Auch dem späteren „Bullen von Tölz“, Ottfried Fischer, gab er erste kleinere Rollen.

Neuentdeckungen wechselten mit großen Namen

Curd Jürgens, Catherine Deneuve, Gert Fröbe, Helmut Berger, Stewart Granger, Lex Barker, Pierre Brice, Klaus Kinski, Maria Schell, Ursula Andress, Franco Nero, Bud Spencer, Willy Millowitsch, Telly Savalas, Larry Hag­man, Linda Gray, Michael Winslow, David Hasselhoff, Anita Ekberg, Heinz Rühmann, James Brolin, Ernest Borgnine oder Barry Newman – sie alle standen für Karl Spiehs für Kino- oder TV-Produktionen vor der Kamera. Insgesamt wurden unter Spiehs von der Lisa Film mehr als 300 Filme sowie Serien und Reihen für das Fernsehen produziert. Immer, wenn ihm wieder ein großer Coup gelungen war, genehmigte er sich einen guten Schluck Whisky, eine seiner geliebten Havannas und hatte schon den nächsten Quotenhit im Auge. Die „Supernase“ spürte Trends zielsicher voraus.

1967 Chef der Lisa Film

Als Karl Spiehs 1967 Chef der Lisa Film wurde, war München neben Berlin das Zentrum des deutschen Filmes. Dort lebten und arbeiteten Produzenten-Größen wie Luggi Waldleitner (Johannes-Mario-Simmel-Verfilmungen, „Lilli Marleen“), Franz Seitz („Die Blechtrommel“ von Günther Grass) und Wolfgang Hartwig („Schulmädchen-Report“-Filme, „Steiner – Das Eiserne Kreuz“). Spiehs war sehr schnell in diese Szene integriert. Auch Anfang der 1980er-Jahre zeigte sich, warum der Spitzname „Supernase“ perfekt ist: Karl Spiehs schuf das Duo Thomas Gottschalk/Mike Krüger und landete gleich mit dem ersten Film der beiden, „Piratensender Powerplay“, einen Hit. Die dann folgenden „Supernasen“-Filme zählen zu den erfolgreichsten in der Geschichte der Lisa Film, bei „Zwei Nasen tanken Super“ (1984) wurden 6,6 Millionen Kinobesucher gezählt.

Karl Spiehs, Thomas Gottschalk und Musikproduzent Ralph Siegel

Karl Spiehs, Thomas Gottschalk und Musikproduzent Ralph Siegel

Ein ähnlich guter Griff gelang Spiehs 1986 mit der Verpflichtung von Helmut Fischer für „Zärtliche Chaoten“, wo der bayerische Publikumsliebling als Partner von Gottschalk und dem US-Star Michael Winslow agierte. Nachdem er Anfang der 1990er-Jahre mit „Ein Schloss am Wörthersee“ den Einstieg ins Fernsehgeschäft und die bis heute erfolgreichste TV-Serie in Deutschland und Österreich produziert hatte, entschloss sich Karl Spiehs, die Kinoproduktion einzustellen. Sein Abschiedsfilm war „Eine Frau namens Harry“ mit Thomas Gottschalk, zwischen 1990 und 1995 beteiligte sich die Lisa Film nur noch an vier kleineren Produktionen. Ab jetzt produzierte der Chef der Lisa Film ausschließlich hochkarätige Fernsehserien und TV-Filme, besetzt mit Topstars und oft gedreht an exotischen Schauplätzen. Die Themenpalette reichte von Komö­dien über Krimis bis zu Melodramen. Die Liste der Serien nach „Ein Schloss am Wörthersee“ kann sich sehen lassen: „Almenrausch und Pulverschnee“ mit Chris Roberts und Hans-Jürgen Bäumler, „Peter & Paul“ mit Helmut Fischer und Hans Clarin, „Unsere Schule ist die Beste“ mit Michaela May und Elmar Wepper.

Viele TV Filme

An unvergesslichen TV-Reihen – also jede einzelne Folge ein abgeschlossener Film – gibt es „Klinik unter Palmen“ mit Klausjürgen Wussow, „Der Pfundskerl“ und „Der Bestseller“ mit Ottfried Fischer, „Das  Traumhotel“ mit Christian Kohlund und Ruth Maria Kubitschek sowie „Agathe kann’s nicht lassen“ mit Ruth Drexel. Dazu kamen „Fröhlich geschieden“ mit Ottfried Fischer und Rainhard Fendrich sowie die „Superbullen“ mit Ottfried Fischer und Wolfgang Fierek. Unter den vielen TV-Filmen, die Spiehs in diesen Jahren produzierte, waren „Der blaue Diamant“ mit Pierre Brice und Ernest Borgnine, „Das Paradies am Ende der Berge“ mit George Hamilton und Morgan Fairchild, „Der schwarze Fluch“ mit James Brolin sowie „Alles Glück dieser Erde“ und „Die Liebe eines Priesters“ mit Maximilian Schell.

Karl Spiehs und der große Maximilian Schell

Auch Mehrteiler wurden produziert, unter anderen „Tödliche Diamanten“ mit Heiner Lauter­bach und das überragende Werk „Die Rückkehr des Tanzlehrers“ mit Maximilian Schell und Tobias Moretti. Dieser Zweiteiler wurde 2004 in Wien als bester TV-Film des Jahres mit einer „Romy“ ausgezeichnet. Die Erstausstrahlung von „Oma wider Willen“ mit Christiane Hörbiger wurde von 6,7 Millionen Fernsehzuschauern miterlebt. Wie gewohnt wartete auch das Genre Komödie mit überragenden Quotenhits auf. Volltreffer wurden zu dieser Zeit die Neuauflagen der „Hochwürden“-Filme der 1970er-Jahre, diesmal mit Hans Clarin und Jochen Busse in den Hauptrollen. Dazu kam Otto Schenk als „bester Opa“ der kleinen Rebecca Horner. Im Jahre 2014 produzierte Karl Spiehs mit „Österreich – Oben und Unten“ seinen ersten Dokumentationsfilm. Der international renommierte Regisseur und Kameramann Joseph Vilsmaier zeigt hier beeindruckende Aufnahmen von der Luft und vom Boden aus. Eine weitere Dokumentation schuf der langjährige Darsteller, Aufnahmeleiter, Regisseur und Freund von Karl Spiehs, Otto Retzer, anlässlich des 25. Todestages von Roy Black 2016. Retzer brillierte auch als Regisseur und Darsteller in den Erfolgsserien “Klinik unter Palmen” und “Das Traumhotel”.

Drei Supernasen mit guter Laune.

Drei Supernasen in bester Laune

Karl Spiehs war von 1967 bis 2017 mit seiner Lisa Film zweifellos einer der agilsten Produzenten weltweit. Er beschäftigte nicht nur unzählige wunderbare Darsteller, sondern jeweils auch eine Filmcrew vom Feinsten. So waren für ihn unter anderen die Regisseure Michael Pfleghar, Franz Josef Gottlieb, Ralf Olsen, Geza von Cziffra, Harald Vock, Sigi Rothemund alias Siggi Götz, Harald Reinl, Franz Antel, Kurt Nachmann, Carl Schenkel, Dieter Pröttel, Franz Marischka, Peter Patzak, Holm Dressler, Harald Leipnitz, Otto Schenk, Urs Egger, Maurizio Zaccaro, Helmuth Lohner, Peter Weck sowie der vielbeschäftigte Otto Retzer im Einsatz. Karl Spiehs produzierte mit seiner Lisa Film von 1967 über100 Kinofilme, 11 Serien mit 90 Folgen und 120 TV-Movies, die den Menschen durchwegs fröhliche, aber auch spannende Stunden beschert haben. Er hat in seiner langen Laufbahn eine Unmenge an Auszeichnungen erhalten, unter anderen drei Mal die „Romy“. 2006 wurde ihm in Wien der Berufstitel „Professor“ verliehen. Der Produzent ist Vater von fünf Kindern und seit 1966 mit der Schauspielerin Angelika Ott-Spiehs verheiratet. Das Ehepaar lebt heute in Velden, wo auch der Sitz der Lisa Film ist.

Ein glückliches Paar: Angelika und Karl Spiehs

Für Karl Spiehs waren und sind alle, die an seinen Filmen mitwirkten – seien es Regisseure, Kameraleute, Drehbuchautoren oder Tonmeister bis hin zum Scriptgirl, natürlich alle Schauspielerinnen und Schauspieler sowie alle Mitarbeiter der Lisa Film – immer eine große Familie. Das zeigte sich nicht nur bei seinen unvergleichlichen Filmfesten, die er in München, Wien und zumeist in Velden veranstaltete, sondern auch bei den vielen persönlichen Einladungen. Rückblickend auf sein Lebenswerk resümierte Karl Spiehs: “Ich kann zufrieden sein. Für einen Playboy war ich zu wenig schön und als Schauspieler zu schlecht. Darum bin ich Filmproduzent geworden!“

"„Karli, Du hast die Kritiker zum Weinen gebracht und die Leute zum Lachen. Das ist ein großes Verdienst!“ "

Thomas Gottschalk

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